Vernetzung einer zeitgemäßen Rassismusforschung: Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) feiert Auftakt in Berlin

Entschlossen gegen Rassismus und Rechtsextremismus vorzugehen, die Forschung zu diesen Themen auszubauen und fest in der deutschen Hochschullandschaft zu verankern – das sind die Ziele des Wissensnetzwerkes Rassismusforschung (WinRa). Mit einer großen Konferenz feierte WinRa am 12. und 13. Oktober 2023 seinen Auftakt in Berlin.

Publikum bei der Auftaktkonferenz des Wissensnetzwerkes Rassismusforschung ; im Schoß der Programmflyer

Eindrücke von der Auftaktkonferenz des Wissensnetzwerkes Rassismusforschung (WinRa)

Paul Wagner/WinRa

„Nicht zuletzt die Attentate in Hanau und Halle haben das Ausmaß der rassistischen Gewalt in Deutschland aufgezeigt. Zu Recht ist gefordert worden, dass diese Attentate zu einer Zäsur in der Auseinandersetzung mit Rassismus in Deutschland werden müssen, die zugleich auch auf das Kontinuum rassistischer Gewalt, Diskurse, Strukturen und Subjektivierungen in Deutschland verweist,“ betonte Dr. Aisha-Nusrat Ahmad, Wissenschaftliche Leitung des Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa), zum Auftakt der Konferenz.

Es bedarf dringend einer tiefgründigen, rassismuskritischen Forschung, die eine Auseinandersetzung mit Rassismus und rassistischen Strukturen, die die Lebenschancen von so vielen Menschen massiv einschränken, möglich macht.

Dr. Aisha-Nusrat Ahmad, Wissenschaftliche Leitung des Wissensnetzwerks Rassismusforschung
Dr. Aisha-Nusrat Ahmad

Dr. Aisha-Nusrat Ahmad, Wissenschaftliche Leitung des Wissensnetzwerks Rassismusforschung

Paul Wagner/WinRa

Die Auftaktkonferenz am 12. und 13. Oktober 2023, die durch das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin in der Neuen Mälzerei organisiert wurde, widmete sich den aktuellen Herausforderungen und Potenzialen für Forschung und Institutionalisierung der Rassismusforschung in Deutschland (siehe Programm). Sie führte Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik zusammen, um gemeinsam den Auftakt von WinRa zu feiern und zu gestalten.

Informieren, aufklären, Strukturen offenlegen

„Wir brauchen Sie! Ihre Arbeit ist unglaublich wertvoll. Sie sorgen für die Analysen und Fakten, mit denen wir politisch arbeiten können. Sie informieren, klären auf, legen Strukturen offen. So können wir alle wirksamer gegen Rassismus kämpfen“, betonte Staatsministerin Reem Alabali-Radovan in ihrer Videogrußbotschaft.

Ich setze mich dafür ein, dass wir bei Rassismus nicht nur an Hetze und Gewalt denken, sondern auch an die Strukturen herangehen, die rassistisch diskriminieren.

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus
 Staatsministerin Reem Alabali-Radovan

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan bei der WinRa Auftraktveranstaltung

Paul Wagner/WinRa

Sie ist Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus. Sie hob hervor: „Ich setze mich dafür ein, dass wir bei Rassismus nicht nur an Hetze und Gewalt denken, sondern auch an die Strukturen herangehen, die rassistisch diskriminieren. Dabei müssen wir auch unsere eigenen staatlichen Institutionen genauer unter die Lupe nehmen, auch da hat uns die Wissenschaft erst die Augen öffnen müssen.“

Vernetzte Rassismusforschung in Deutschland

Die Rassismusforschung wird in Deutschland gezielt durch Förderprogramme unterstützt, die sich auf die Analyse rassistischer Strukturen, Verhaltensweisen und institutionellen Rassismus konzentrieren. Sie tragen maßgeblich dazu bei, Bewusstsein zu schaffen, bestehende Probleme zu beleuchten und Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus in der Gesellschaft zu unterstützen. Die Förderung ist Teil des Maßnahmenkatalogs gegen Rassismus und Rechtsextremismus, der im Dezember 2020 vom Bundeskabinett beschlossen wurde.

Auch WinRa selbst wird im Rahmen der Förderlinie „Aktuelle und historische Dynamiken von Rechtsextremismus und Rassismus“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für eine Laufzeit von fünf Jahren gefördert. Ziel ist, durch einen forschungsgeleiteten, interdisziplinären Austausch die verstreute und fragmentierte Rassismusforschung in Deutschland zu stärken und zu vernetzen. Dabei nehmen inhaltliche wie methodische Fragen einen zentralen Raum ein, ergänzend dazu werden Strategien für einen Ausbau der Forschungsinfrastruktur für die Rassismusforschung formuliert. Das Netzwerk steht zudem als Ansprechpartnerin für Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Öffentlichkeit zur Verfügung. Unter dem Dach von WinRa stehen 14 Einzel- und Verbundprojekte zur Rassismusforschung, WinRa selbst ist wiederum mit anderen Vorhaben vernetzt, die sich ebenfalls mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt befassen.

Schlüsselrolle der Geistes- und Sozialwissenschaften

Ulrich Scharlack, Leiter des Referats für Geistes- und Sozialwissenschaften im Bundesministerium für Bildung und Forschung

Ulrich Scharlack, Leiter des Referats für Geistes- und Sozialwissenschaften im Bundesministerium für Bildung und Forschung

Paul Wagner/WinRa

„Wir wollen weltoffen sein. Wir wollen Vielfalt. Wir wollen und müssen dies wollen, dass alle Menschen hierzulande in Freiheit und ohne Diskriminierung leben können“, betonte Ulrich Scharlack, Leiter des Referats für Geistes- und Sozialwissenschaften (426) des BMBF in seinem Grußwort zur Eröffnung. „Der sozial- und geisteswissenschaftlichen Forschung, Ihrer Forschung, kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie verfügen über die notwendigen Werkzeuge, um gesellschaftliche Herausforderungen zu verstehen, zu analysieren und Orientierungs- und Handlungswissen für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu entwickeln. “

Die Ergebnisse müssen in der Gesellschaft ankommen.

Ulrich Scharlack, Leiter des Referats für Geistes- und Sozialwissenschaften im Bundesministerium für Bildung und Forschung

Das BMBF verfolge diese Ziele seit 2023 mit drei Fördermaßnahmen, in denen Forschungsprojekte, zwei Wissensnetzwerke, fünf Nachwuchsgruppen und ein Datenportal (DP-Rex) mit rund 27 Millionen Euro gefördert werden. Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) trage entscheidend dazu bei, eine zeitgemäße Rassismusforschung zu entwickeln.

Zudem betonte Referatsleiter Scharlack die Bedeutung des Wissenstransfers in die Gesellschaft: „Die Ergebnisse müssen in der Gesellschaft ankommen.“ Denn: „Viel zu viele Menschen in unserem Land erleben alltäglich Ausgrenzung, Diskriminierung und schlimmstenfalls Gewalt – nur aufgrund ihres Aussehens, ihrer Hautfarbe, ihrer vermeintlichen Religion oder aus anderen Gründen. Auch das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Unsere Gesellschaft muss sich gegen rassistische und antisemitische Tendenzen zur Wehr setzen.“ Und WinRa leistet dazu einen wesentlichen, forschungsbasierten Beitrag.

Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa)

Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung ist als Verbundprojekt konzipiert. Die Koordination des Netzwerks erfolgt durch das DeZIM-Institut in Berlin. WinRa besteht aus vier Regionalnetzwerken, die an der Bucerius Law School Hamburg/Universität Hamburg (Netzwerk Nord), der Hochschule Magdeburg-Stendal/Humboldt-Universität zu Berlin (Netzwerk Ost), der Universität Mannheim/Universität Bayreuth (Netzwerk Süd) sowie der Universität Bielefeld/Leuphana Universität Lüneburg (Netzwerk West) etabliert sind.

Netzwerkleitung: Dr. Aisha-Nusrat Ahmad / Koordination: Roman Koska Aslan
Laufzeit: 01/2023 – 12/2027 / Fördersumme: 2 Mio. Euro

Das sind die wichtigsten Ziele des Wissensnetzwerks Rassismusforschung

• Vernetzung und Stärkung der bestehenden Rassismusforschung quer durch alle Disziplinen sowie Stärkung der Forschung zu Rassismus in den einzelnen Disziplinen als zentrale Frage zur Identifizierung von Leerstellen und Desideraten.

• Vernetzung der im Rahmen der Förderrichtlinien des BMBF geförderten Forschungsprojekte und Nachwuchsforschungsgruppen.

• Regionale Stärkung und Profilbildung interdisziplinärer Forschungs- und Lehrzusammenhänge für neue Impulse an den Hochschulen und den jeweiligen Disziplinen sowie die Stärkung und Einbindung der Nachwuchsförderung.

• Austausch mit der Rechtsextremismus- und Antisemitismusforschung sowie der Integrations-, Migrations- und Fluchtforschung.

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