RADIS: Interdisziplinäre Fachtagung „Ursachen und Wirkungen von Islamismus in Deutschland und Europa“

Welche Faktoren tragen zu Radikalisierung bei? Welchen Einfluss haben wechselseitige Bedrohungswahrnehmungen und Diskriminierungserfahrungen auf verschiedene gesellschaftliche Gruppen? Inwiefern werden dadurch Polarisierungs-, Spaltungs- und Ausgrenzungsprozesse – bis hin zur Co-Radikalisierung – ausgelöst und verschärft? Und was kann man dagegen tun?

Prof. Dr. Julian Junk, Leiter des Transfervorhabens RADIS, bei der Eröffnung der interdisziplinären RADIS-Fachtagung „Ursachen und Wirkungen von Islamismus in Deutschland und Europa“

Prof. Dr. Julian Junk, Leiter des Transfervorhabens RADIS, bei der Eröffnung der interdisziplinären RADIS-Fachtagung „Ursachen und Wirkungen von Islamismus in Deutschland und Europa“ am 22. und 23. Februar 2024 am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld 

Ute Seitz, PRIF

Diese und weitere Fragen standen bei der interdisziplinären RADIS- Fachtagung „Ursachen und Wirkungen von Islamismus in Deutschland und Europa“ am 22. & 23. Februar 2024 am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld zur Diskussion. Sie führte die Forschenden der 13 Projekte der gleichnamigen BMBF-Förderlinie zusammen, um aktuelle Erkenntnisse aus der Radikalisierungsforschung im Phänomenbereich Islamismus zu diskutieren.

Offener Austausch, konstruktive Debatten

Das Kernanliegen der Tagung war, eine Plattform für offenen Austausch und konstruktive Debatten über Extremismus und seine Erforschung zu bieten. Vorträge und Panels befassten sich zum Beispiel mit den Auswirkungen wahrgenommener und tatsächlicher Bedrohungen auf diverse religiöse und gesellschaftliche Gruppen. Zudem thematisierten sie das Verhältnis zwischen Religion und Ideologie im Islam und das Phänomen der Co-Radikalisierung. Ebenfalls diskutiert wurden affektive, räumliche wie auch strukturelle Faktoren von Radikalisierung. Zu guter Letzt standen Aspekte der Praxis im Mittelpunkt, etwa die Perspektive der anwendungsorientierten Forschung auf die (pädagogische) Praxis in der Islamismusprävention.

Komplexe Herausforderungen

Sina Tultschinetski, Co-Projektleiterin von RADIS in der Forschungsgruppe Radikalisierung am PRIF – Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung.

Sina Tultschinetski, Co-Projektleiterin von RADIS in der Forschungsgruppe Radikalisierung am PRIF – Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung.

PRIF

„Eine zentrale und dabei nicht überraschende Erkenntnis der Interdisziplinären Fachtagung lautet: Alles ist komplex“, sagt Sina Tultschinetski, Co-Projektleiterin von RADIS. Denn: „Die Phänomene, die im Fokus der Tagung standen – darunter gesellschaftliche Polarisierung, Islamismus, Radikalisierung, aber auch Antisemitismus – haben vielschichtige Ursachen, Auswirkungen und Wechselwirkungen und befinden sich in einem stetigen Wandel“. Das Forschungsfeld zu Islamismus weise außerdem viele Überschneidungen zu anderen gesellschaftlich aktuell sehr relevanten Themen auf, etwa zum multiplen Krisenerleben vieler Menschen, zu Konfliktarbeit im kommunalen Raum oder zu Desinformationen auf Social Media. „Bei der Tagung entstanden entsprechend viele Ideen für künftige Forschungsvorhaben“.

Multidisziplinäre Zusammenarbeit

Für die Co-Projektleiterin ist klar: „Um die oben genannten Phänomene und ihre Wechselwirkungen in allen Facetten besser zu verstehen, ist, wie wir im RADIS-Netzwerk und auch bei der Fachtagung immer wieder gesehen haben, Multidisziplinarität ein immenser Gewinn“. Zudem brauche es viel mehr Langzeit- und Panelstudien, um mehr als nur Momentaufnahmen abbilden zu können. Mit Blick auf Bevölkerungsumfragen müssten Stichproben noch sorgfältiger auf ihre Repräsentativität hin geprüft werden.

Austausch und Wissenstransfer

Auf der Tagung wurde deutlich, dass es viele spannende und relevante Querschnittsfragen zu untersuchen gilt, etwa die Rolle sozialer Medien und die Erforschung von Praxisansätzen. „Für all das bedarf es aber langfristiger, von politischen Konjunkturen losgelöster und interdisziplinär angelegter Forschungs- und Praxisförderung“, so Tultschinetski. Wir von RADIS werden innerhalb unserer Projektlaufzeit und im Rahmen unserer Möglichkeiten den sehr fruchtbaren Austausch und Wissenstransfer mit verschiedenen Formaten weiter vorantreiben“.

Das Transfervorhaben RADIS

Das Transfervorhaben RADIS, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, vernetzt intern und extern zwölf Forschungsprojekte der BMBF-Förderlinie „Gesellschaftliche Ursachen und Wirkungen des radikalen Islam in Deutschland und Europa“ und unterstützt die Forschungsprojekte bei der Identifizierung übergreifender Fragen, Herausforderungen und Thesen, die die großen Themen der gesamten Förderlinie abbilden.

Laufzeit: 11/2020 - 10/2025

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