Gut vernetzt: DARIAH-EU Jahrestagung 2025 in Göttingen
Wer Vergangenheit erforscht, beschäftigt sich oft mit der digitalen Zukunft. Die europäische Forschungsinfrastruktur DARIAH EU liefert dafür nicht nur die Werkzeuge, sondern auch eine Plattform für Vernetzung: die DARIAH-EU Jahrestagung 2025 in Göttingen.
Die DARIAH-EU Jahrestagung 2025 vom 18. bis 20. Juni 2025 in Göttingen.
Martin Liebetruth, SUB Göttingen
Forschung wird digitaler – und offener. Im Juni 2025 traf sich in Göttingen die digitale Avantgarde der Geistes- und Sozialwissenschaften. Die europäische Forschungsinfrastruktur DARIAH-EU hatte zur Jahreskonferenz geladen – unter dem Titel „The Past“. Gastgeberin war die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die gemeinsam mit der Max Weber Stiftung in Bonn (nationale Koordination) und der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung Göttingen (technische Koordination) den deutschen Knoten DARIAH-DE bildet. Die Tagung drehte sich um die Frage, wie sich historische Quellen dank Digital Humanities-Ansätze und der europäischen Forschungsinfrastruktur analysieren, interpretieren und präsentieren lassen.
Jahreskonferenz: Plattform für die internationale Community
Die DARIAH-EU Jahrestagung 2025 vom 18. bis 20. Juni 2025 in Göttingen.
Martin Liebetruth, SUB Göttingen
Wie verändern digitale Technologien unseren Blick auf Geschichte? Was bedeutet es, ein Archiv virtuell zugänglich zu machen? Und wie lassen sich Erzählungen aus der Vergangenheit mit modernen Mitteln anschaulich vermitteln? Drei Tage lang – vom 18. bis 20. Juni 2025 – wurde in der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen diskutiert, präsentiert, ausprobiert. Mit dabei: Expertinnen und Experten aus den Bereichen Digital Humanities, Forschende, Archivare, Lehrende und Studierende. Mehr als 200 Personen aus ganz Europa und auch Reise-Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Brasilien und den USA sowie Mitarbeitende der australischen „Cultural Data Engine“ (Universität Melbourne) nahmen teil.
Die dreitägige Konferenz bot mit Workshops, Panels, Live-Demos jede Menge Raum für Gespräche über Standards, Tools, Plattformen – und über die Zukunft geisteswissenschaftlicher Zusammenarbeit (siehe Programm). Ein Highlight war die Keynote von Gabo Arora, Künstler, Kurator und früherer UN-Diplomat. In seinem Vortrag „Bicycle of the Heart“ sprach er über digitale Erinnerungskultur und immersive Erzähltechniken. Ein bewegender Beitrag für eine Konferenz, in der es genau darum ging: neue Zugänge zur Geschichte zu finden. „Für Göttingen und DARIAH-DE war die Konferenz eine wunderbare Gelegenheit, Ergebnisse, aber auch Pläne mit der europäischen und internationalen Community zusammen zu führen. Auch vor diesem Hintergrund wurde das Community Plenary des NFDI-Konsortiums Text+ in der gleichen Woche (vom 16.-17. Juni) ebenfalls von der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ausgerichtet“, sagt Dr. Nanette Rißler-Pipka. Sie ist nationale Koordinatorin für DARIAH-DE auf europäischer Ebene und Ansprechpartnerin für Digital Humanities und Forschungsdatenmanagement bei der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland.
DARIAH: Pioniere der digitalen Geisteswissenschaften
Dr. Nanette Rißler-Pipka ist Nationale Koordinatorin für DARIAH-DE auf europäischer Ebene und Ansprechpartnerin für Digital Humanities und Forschungsdatenmanagement bei der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland.
Armin Höhner Fotografie Bonn
DARIAH, die „Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities“, existiert seit 2014 als europäische Forschungsdateninfrastruktur für die Geistes- und Kulturwissenschaften. Inzwischen beteiligen sich 23 Mitgliedsstaaten. Ziel ist es, digitale Werkzeuge und Quellen für die Geisteswissenschaften gemeinsam zu entwickeln, zu testen und zugänglich zu machen. Statt isolierter Projekte steht der Austausch im Mittelpunkt – über Länder, Disziplinen und Institutionen hinweg.
Seit 2011 hat DARIAH-DE als nationaler Knoten des europaweiten Projekts DARIAH-EU eine digitale Infrastruktur für die geistes- und kulturwissenschaftliche Forschung in Deutschland aufgebaut und in den nachhaltigen Dauerbetrieb überführt. Gefördert wurde in drei Förderphasen von März 2011 bis Februar 2019 vom damaligen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). „Damit gehören DARIAH-DE und die Partnerinstitutionen zu den Pionieren im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften“, betont Rißler-Pipka. Der Aufbau einer nachhaltigen Forschungsinfrastruktur für digitale Werkzeuge und Forschungsdaten und die Entwicklung von Technologien für Lehre und Weiterbildung ermöglicht eine standortunabhängige und disziplinübergreifende Zusammenarbeit von Geistes- und Kulturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern.
Ein sehr aktiver DARIAH-Kooperationspartner war und ist die Max Weber Stiftung (MWS): Heute stellt sie die Nationale Koordinatorin für DARIAH-DE auf europäischer Ebene. Als Trägerin von Deutschen Geisteswissenschaftlichen Instituten im Ausland bringt sie internationale Perspektive und digitale Praxis zusammen. „Mit ihren weltweit verteilten Instituten arbeitet die MWS schon immer virtuell und im Netzwerk – ohne eine gut funktionierende Forschungsinfrastruktur wäre das gar nicht möglich“, so Rißler-Pipka. In Zusammenarbeit mit DARIAH wirkte die MWS seit 2014 am Aufbau der Geschäftsstelle mit, entwickelte gemeinsam Dienste für internationale Projekte und betreibt mit perspectivia.net eine in Fachkreisen anerkannte Open-Access-Plattform für Editionen und Forschungspublikationen. Ein herausragendes Beispiel dafür, wie digitale Infrastrukturen und klassische Geisteswissenschaften zusammenfinden, über Disziplinen und Kontinente hinweg.
Von der Vergangenheit in die Zukunft
Die DARIAH-Jahrestagung 2025 zeigte einmal mehr, wie viel Potenzial gemeinsam nutzbare Forschungsinfrastrukturen in Europa haben. Wer Zugang zu digitalen Werkzeugen, Daten und Speicherlösungen hat, kann Quellen nutzen, neue Fragen stellen und innovative Methoden entwickeln. DARIAH unterstützt das mit Tools, Schulungen, offenen Plattformen und nachhaltigen Services. Davon profitieren nicht nur große Projekte. Auch Studierende und Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler konnten in Göttingen ihre Ideen vorstellen und sich vernetzen – unterstützt durch Reisestipendien und Austauschformate.
Mit dem Leitthema „The Past“ spannte die Konferenz einen großen Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft: Die Beiträge reichten von antiker Textedition über digitale Archäologie bis hin zu 3D-Rekonstruktionen zerstörter Städte. Projekte wie ECHOES zeigten, wie mit sogenannten „Heritage Digital Twins“ kulturelles Erbe virtuell zugänglich gemacht werden kann – begehbar, interaktiv, erforschbar. Dabei ging es nie nur um Technik, sondern auch um Verantwortung: Wie wollen wir in Zukunft mit unserem kulturellen Erbe umgehen? Wer darf es erforschen, wer erzählt die Geschichte? Und vorallem, wie? Für Rißler-Pipka steht fest: „Hier in Göttingen konnte 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der europäische Gedanke im besten Sinn gelebt werden. Erinnerungskultur setzt sich fort durch die gemeinsame Bewahrung und Übersetzung materieller in digitale Kulturgüter.“
Autorin: Katrin Schlotter
Die DARIAH-EU Jahrestagung 2025 vom 18. bis 20. Juni 2025 in Göttingen.
Martin Liebetruth, SUB Göttingen
Die DARIAH-EU Jahrestagung 2025 vom 18. bis 20. Juni 2025 in Göttingen.
Martin Liebetruth, SUB Göttingen
Was Ist DARIAH DE?
DARIAH-DE (Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities) ist eine BMFTR-geförderte Initiative zur Schaffung einer digitalen Forschungsinfrastruktur für die Geistes- und Kulturwissenschaften. Zu diesem Zweck unterstützt DARIAH-DE die mit digitalen Methoden und Verfahren arbeitende Forschung in den Geistes- und Kulturwissenschaften mit einer Forschungsinfrastruktur aus vier Säulen: Lehre, Forschung, Forschungsdaten und Technische Komponenten. Verschiedene Teile der DARIAH-DE Angebote sind zudem in den geisteswissenschaftlichen NFDI-Initiativen Text+, NFDI4Culture, NFDI4Memory und NFDI4Objects verankert. Als Partner in DARIAH-EU trägt DARIAH-DE ferner dazu bei, europaweit state-of-the-art Aktivitäten der Digitalen Geisteswissenschaften zu bündeln und zu vernetzen.
Seit 2017 fungiert die DARIAH-DE Geschäftsstelle an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) als zentraler Ansprechpartner für geistes- und kulturwissenschaftliche Fachdisziplinen und Fachverbände zu Angeboten und technologischen Komponenten der Forschungsinfrastruktur. Sie integriert Anforderungen von Forschungsvorhaben in die Weiterentwicklung der Gesamtarchitektur von DARIAH-DE und koordiniert die Zusammenarbeit mit DARIAH-EU.
Max Weber Stiftung (MWS)
Die Max Weber Stiftung (MWS) zählt zu den maßgeblichen Trägern deutscher geisteswissenschaftlicher Forschung im Ausland. Mit einem Jahresbudget von circa 48 Millionen Euro (2024) zählt sie zu den zehn größten deutschen Stiftungen öffentlichen Rechts. Als autonomen Teil der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik finanziert der Bund die Stiftung durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt.
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