Taiwanstudien voraus –Verbundprojekt erforscht Taiwans Rolle als Pionier
Gut vernetzt und international aufgestellt: Kleine Fächer ermöglichen das Verständnis kultureller, sozialer und ökonomischer Entwicklungen. Eines der BMFTR geförderten Postdoc-Verbundprojekte erforscht die Rolle Taiwans als Pionier (TAP) und stärkt zugleich die Taiwanstudien.
Im Interview: Dr. Josie-Marie Perkuhn, Verbundleiterin des BMFTR-geförderten Projekts "Taiwan als Pionier" (TAP) an der Universität Trier
Von der Pandemiebekämpfung über Sprach- oder Umweltpolitik bis hin zu Digitalisierung und Cyberabwehr - Taiwan nimmt als Innovator in der Dynamik globaler Megatrends eine Vorreiterrolle ein. Wie kommt’s?
TAP Projekt
Universität Trier
Taiwan ist seit Jahrhunderten ein gesellschaftlicher Schmelztiegel, in dem eine Offenheit gegenüber Erneuerung und Innovation besteht. Unsere taiwanische Kollegin Dr. Hsu Yuyin untersucht beispielsweise anhand von historischem Archivmaterial die Übernahme von westlichen hygienischen Standards. Technische Neuerungen werden willkommen geheißen: Ins Auge fällt der Umgang mit digitalen Innovationen, zu denen unter anderem die Nutzung digitaler Technologien zur Sicherheit und Betreuung von Kindern in der Tagesstätte genauso gehört wie Smart Governance Angebote der Stadtverwaltung, der Einsatz von digitaler Diagnostik in der Gesundheitsversorgung oder Smart Meter, also intelligenter Stromzähler im Haushalt. Die Affinität zur Digitalität ist vergleichsweise stark. Auch in anderen gesellschaftlichen Entwicklungen schreitet Taiwan als Pionier in Asien voran: Für unsere Kollegin Dr. Keyser-Verrault sind der Beitrag zur Frauenbewegung und zur Gleichberechtigung zentral. Dr. Fliß sieht den Vorreiter Taiwan in der Implementierung von marginalisierten Randsprachen, wie Taiwanisch, Hakka- oder austronesische Sprachen, die über die schulische Sprachbildung gefördert werden. Ich sehe die Innovationsleistung in der Verbindung mit dem Sicherheitsbedürfnis. Stichwort: nachhaltige Energieversorgung und partizipative digitale Demokratie.
Ihr Post-Doc-Team forscht über Institute und Disziplinen hinweg. Ziel Ihres Verbunds ist es, die Chinastudien mit Fokus auf Taiwan institutionell zu stärken und sichtbar zu machen. Warum ist die Taiwanforschung von großer Bedeutung?
Die Taiwanforschung ist aus mehreren Blickwinkeln bedeutend: Gesellschaftspolitisch bietet Taiwan als Demokratie im chinesischen Kulturraum eine faszinierende Geschichte. Für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften ermöglichen taiwanische Institutionen freie Zugänge zu Archiven, Quellen und Forschungsmaterial. Für mich ist Taiwans geopolitische wie geostrategische Stellung innerhalb der internationalen Beziehungen besonders spannend. Dazu gehören die zentrale Rolle in der Halbleiterproduktion und die Bestrebungen, sich mit technischer Innovation auf die Megatrends des 21. Jahrhunderts vorzubereiten und damit Weichen für eine nachhaltige Energiesicherung oder gesellschaftliche Resilienz zu stellen. In unserer globalisierten Welt wirken sich auch weit entfernte Brennpunkte auf Frieden und Stabilität aus. Taiwanforschung ist kein Blütenfach, sondern elementar für Wirtschaft und Politik.
Publikationen, Workshops, Tagungen, Ringvorlesung …schon jetzt haben Sie im Verbund die Taiwanforschung bekannter gemacht. Welche Aktivitäten waren bislang besonders wirksam?
Mit den Angeboten zur Vernetzung der Fachgemeinschaft konnten wir in kurzer Zeit ein interdisziplinäres und internationales Netzwerk aufbauen. Zielführend waren dazu die internationalen Tagungen zu digitalem Lernen oder einem Handbuchprojekt und der Workshop zur Fachdidaktik. Auch die nationale wie internationale Teilnahme der vier Postdocs an den Wissenschaftskonferenzen ihrer jeweiligen Fachbereiche trug stark dazu bei, auf die Bedeutung der Taiwanforschung in angrenzenden Disziplinen aufmerksam zu machen. Auf Initiative von TAP führten wir eine Ringvorlesung mit der Deutschen Vereinigung für Chinastudien (DVCS) durch, die auf deutliches Interesse von Studierenden und interessierten Nachwuchsforschenden stieß. Zu den Aufnahmen wie auch den hinterlegten Forschungsmaterialen in unserer Verbunddatenbank „TAPHub“ gibt es regelmäßige Anfragen. Für die Öffentlichkeitsarbeit sind unsere gedruckten Jahresberichte besonders wirksam gewesen. Sowohl bei Kolleginnen und Kollegen in Deutschland als auch bei zwei meiner Taiwanforschungsbesuche wurde ich gezielt darauf angesprochen. Das hat mich positiv überrascht und sehr gefreut. Das „Retrospect“ ist bekannt und ein zentrales Element des Wissenschaftstransfers für Fachgemeinde und für gesellschaftliche wie politische Akteure geworden.
Was steht als nächstes auf der TAP-Agenda?
In diesem Jahr bereiten wir gerade unsere abschließende Jahrestagung zu „Taiwan as a Pioneer – Local Innovation in the Dynamics of Global Megatrends“ an der Universität Trier vor. In der ersten Septemberwoche erwarten wir ein buntes Portfolio der Taiwanforschung zu Gesellschafts- und Politiktrends angereichert durch neue Perspektiven auf Literatur und Geschichtsschreibung. Der Auftaktvortrag und eine Podiumsdiskussion werden öffentlich zugänglich sein. Im Verbund drücken wir uns die Daumen für die zeitnahe Rückmeldung des Verlagshauses, um unser Handbuchprojekt vorstellen zu können.
Wir Ihren auch! Herzlichen Dank für die interessanten Einblicke, Frau Dr. Perkuhn.
(Das Interview erfolgte schriftlich am 13. Juli 2025. Fragen: Katrin Schlotter)
Taiwan als Pionier (TAP)
Taiwan als Pionier (TAP) ist ein überregionales BMFTR-gefördertes Verbundprojekt (Laufzeit: Februar 2022 bis Januar 2026) zwischen den Universitäten Trier, Tübingen und der Ruhr- Universität Bochum. Projektleitung: Dr. Josie-Marie Perkuhn. Das TAP-Postdoc-Team setzt sich aus interdisziplinär Forschenden der Politologie, Soziologie, Literatur- und Geschichtswissenschaft zusammen, so dass eine Anbindung an große Fachdisziplinen gegeben ist. Ziel ist es, die Taiwanforschung im Fach Sinologie zu fördern, strukturell zu stärken, zu vernetzen und nachhaltig am bundesdeutschen Wissenschaftsstandort zu verankern. Der Schwerpunkt der Forschung liegt auf der Rolle Taiwans als Innovator in der Dynamik globaler Megatrends.
Kleine Fächer
162 Kleine Fächer, 2667 Professuren: Kleine Fächer sind zwar klein, aber bedeutend für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandorts Deutschland, für seine Reputation, für das Profil der Universitäten und für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die BMFTR-Förderrichtlinie „Kleine Fächer – Zusammen stark“ (Bundesanzeiger vom 02.09.2019) zielt auf die Förderung und Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses ab.
Um diese Website bestmöglich an Ihrem Bedarf auszurichten, nutzen wir Cookies und den Webanalysedienst Matomo, der uns zeigt, welche Seiten besonders oft besucht werden. Ihr Besuch wird von der Webanalyse derzeit nicht erfasst. Sie können uns aber helfen, indem Sie hier entscheiden, dass Ihr Besuch auf unseren Seiten anonymisiert mitgezählt werden darf. Die Webanalyse verbessert unsere Möglichkeiten, unseren Internetauftritt im Sinne unserer Nutzerinnen und Nutzer weiter zu optimieren. Es werden keine Daten an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.