Keine Zeit für Wissenschaftskommunikation? Praxistipps für mehr Effizienz

Mal eben das Forschungsprojekt vorstellen, die neuesten Erkenntnisse posten oder zu einer spannenden Veranstaltung einladen? Kein Ding der Unmöglichkeit! Wie effiziente Wissenschaftskommunikation auch mit begrenzten Ressourcen gelingen kann, darum drehte sich der virtuelle GSW-Peer-Learning Workshop am 22. April 2024.

Jens Notroff

Jens Notroff hat Archäologie, Geschichte und Kommunikationswissenschaften in Berlin studiert und sich im Rahmen verschiedener archäologischer Forschungsprojekte unter anderem mit der Repräsentation von Macht und Status in prähistorischen Gesellschaften auseinandergesetzt. Als Wissenschaftskommunikator im NaWik engagiert er sich aktiv in der Visualisierung und öffentlichen Vermittlung aktueller Forschungsergebnissen.

privat

Mit rund fünfzig Teilnehmerinnen und Teilnehmern ging die Peer-Learning-Workshop-Reihe „GSW kommunizieren“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in die fünfte Runde. Ziel der Workshop-Reihe ist, Forschende aus den geförderten Projekten der Geistes- und Sozialwissenschaften (GSW) zusammenzubringen und ihnen eine Plattform zum Austausch von Erfahrungen, Praxistipps und zum gegenseitigen Lernen zum Thema Wissenschaftskommunikation zu bieten – und zwar über die Förderlinien hinweg.

Zu wenig Zeit, wenige personelle Ressourcen – vor allem kleinere Projekte stehen oft vor der Herausforderung, Wissenschaftskommunikation in ihr Vorhaben zu integrieren. Dabei gibt es jede Menge praktische Beispiele, wie dies gelingen kann. Schließlich ist Wissenschaftskommunikation fest in der der BMBF-Projektförderung verankert und soll auf die Ziele des Forschungsvorhabens einzahlen und einen Mehrwert bieten. Welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, und wie durch die Vernetzung und Bündelung von Ressourcen Wissenschaftskommunikation effizient gestaltet werden kann, verdeutlichten praxisnahe Impulsvorträge.

Wissenschaft – verständlich

Wie bringt man Forschende und Kommunikatoren zusammen? Und wie gelingt es, Wissenschaft und Forschung verständlich und passend zur Zielgruppe zu vermitteln? Jens Notroff, Wissenschaftskommunikator am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) stellte Netzwerke, Tools und Ressourcen für eine effiziente Wissenschaftskommunikation vor – angefangen von den praxiserprobten NaWik-Präsenzseminaren über e-Learning auf der BMBF-geförderten Plattform WissKomm-Campus bis hin zum WissKon-Netzwerk, das NaWik-Netzwerk für kommunizierende Forschende (siehe Präsentation). Der gemeinsame Nenner der vielfältigen Aus- und Weiterbildungsformate des NaWik: die Vermittlung von Kernkompetenzen in der Wissenschaftskommunikation sowie der hohe Nutzwert der Trainings- und Vernetzungsmöglichkeiten für den Berufsalltag.

Wissenschaft – vernetzt

Roman Dubasevych

Prof. Dr. Roman Dubasevych ist Lehrstuhlinhaber für Ukrainische Kulturwissenschaft an der Universität Greifswald und leitet das BMBF-Verbundprojekt UNDIPUS. Nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erreichen ihn zahlreiche Interviewanfragen von regionalen und überregionalen Medien, Stiftungen, Organisationen und Privatpersonen.

Presseabteilung Universität Greifswald

Nicht nur für die Forschung sondern auch für die Wissenschaftskommunikation ist Vernetzung entscheidend, wie Prof. Dr. Roman Dubasevych erläuterte. Er leitet das BMBF-Verbundprojekt „(Un)Disciplined: Pluralizing Ukrainian Studies – Understanding the War in Ukraine“ (UNDIPUS). Mit einer Reihe von wissenschaftlichen Veranstaltungen – wie Workshops, Konferenzen und Ausstellungen – sowie gemeinsamen Publikationen bündelt das Projekt die Forschungsinitiativen zur Ukraine in Deutschland, sodass die das Kleine Fach Ukrainistik im In- und Ausland sicht- und hörbar wird. Entsprechend setzt auch die Wissenschaftskommunikation auf Vernetzung und schafft Synergien inner- und außerhalb der Universität Greifswald (siehe Präsentation).

Ausgewählte Praxistipps aus den Gruppendiskussionen:

  • Synergien nutzen! Viele Hochschulen haben Servicestellen für Wissenschaftskommunikation, die Beratung oder konkrete Unterstützung bieten.
  • Kooperationen und Vernetzungen verschlanken die WissKomm-Arbeit. So können Podiumsdiskussionen oder Vorträge etwa auch in Zusammenarbeit mit anderen Instituten/Universitäten erfolgen.
  • Gezieltes Auswählen und Fokussieren der Zielgruppe verschlankt die Kommunikation: Welche Forschungserkenntnisse sind für Zielgruppen wie die Wissenschaftscommunity, Förderer, Presse, Skeptikerinnen oder Studierende wirklich neu und interessant?
  • Die Persona Methode zur Konstruktion fiktiver Charaktere kann helfen, die Ziele und Bedürfnisse einer Zielgruppe besser zu verstehen und sie zu erreichen. Auch Sinus Milieus können beim Identifizieren von Zielgruppen helfen.
  • Pressemitteilungen sollten erst bei einem erkennbaren Nachrichtenwert erstellt werden. Bereits erreichte Forschungserkenntnisse bieten oft eine höhere Sichtbarkeit.
  • Die persönliche Ansprache von Medienvertretern ist essentiell und erleichtert den Zugang zum gewünschten Medium.
  • Auch Nischenthemen können über Podcasts, Blogs und andere Medien dargestellt werden und wirken oft am besten über ihren unterhaltenden/künstlerischen Effekt.
  • Direkter Kontakt ist auch bei der Arbeit mit Praxispartnern wie Bürgermeistern/Verwaltungen oft effizienter.
  • WissKomm-Angebote und Workshops, die über die Kommunikationsabteilung der eigenen Einrichtung angeboten werden, können Orientierung geben.

Umgang mit Medien

  • Die Übersetzung von Wissenschaftssprache in die Gesellschaft ist oft eine große Herausforderung und benötigt entsprechende Kapazitäten.  Hilfestellung bieten hier Trainings und Transferwerkstätten.
  • Ein Screening der Medien kann eine angemessene Darstellung des Sachverhalts gewährleisten und Zeit bei der Nachbereitung von Beiträgen sparen.
  • Schriftliche Interviews können vor der Veröffentlichung zur Freigabe zugesendet werden.
  • Angemessenes, risikobewusstes Formulieren kann über Medientrainings, etwa der eigenen Kommunikationsabteilung, erlernt werden
  • Um Missverständnisse und Verzerrungen bei heiklen Themen zu vermeiden, ist es sinnvoll eigene (Social-Media)Kanäle zu nutzen sowie den direkten Kontakt zu Medien zu suchen und eine Eigendarstellung anzubieten.

Formate, Tools und Social Media

  • Bestehende Angebote und Plattformen für das Einstellen von Video-, Audio- oder Diskussionsbeiträgen sind niedrigschwellig zugänglich.
  • Formate wie Podcasts oder Videos können über etablierte Kanäle, wie die eigene Website, Social Media- Kanäle und Newsletter verbreitet werden.
  • Bei der Wahl der Social-Media-Kanäle sollten die eigenen Ressourcen berücksichtigt und ein Fokus auf einen/ausgewählte Kanäle gelegt werden.
  • Social Media Posts können oft vorbereitet und zeitnah gepostet werden. Viele Applikationen bieten „schedule posting“, also zeitlich geplante Veröffentlichung von Meldungen.
  • Tools nutzen für die visuelle Kommunikation oder Projektmanagement, etwa Canva, Trello oder ASANA.
  • Als Paket genutzt Style-Sheets im Corporate Design der eigenen Organisation können den Wiedererkennungswert nach Außen steigern.

Und zu guter Letzt:

Die Sorge, sich zu exponieren und öffentlich Fehler zu begehen ist berechtigt, sollte aber nicht zur Vermeidung von Kommunikation führen. Unterstützung bei „Shit-Storms“ gibt es u.a. bei Scicomm-Support.

Noch etwas vergessen oder eine gute Idee? Über Anregungen freuen wir uns. Schicken Sie uns doch Ihre Ideen per E-Mail auf GSW@dlr.de. Vielen Dank!


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