Besser digital – Sammlungsforschung des BMBF-Forschungsverbunds Marbach Weimar Wolfenbüttel

Beim Sammeln, Erschließen, Bewahren und Zugänglichmachen von Beständen spielen digitale Methoden, Werkzeuge und Anwendungen eine immer größere Rolle – wie diese in die Sammlungsforschung innovativ integriert werden können, hat der BMBF-Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel (MWW) erforscht und erprobt.

Ob Archive, Bibliotheken oder Museen – Kulturinstitutionen sind mitten in der digitalen Transformation, ein Prozess, den die Corona-Pandemie noch beschleunigt hat. Wie haben sich digitale Methoden im Laufe der letzten Jahre verändert und weiterentwickelt? Und wo liegen Potenziale und Grenzen der digitalen Sammlungsforschung und -präsentation? Darüber diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anlässlich der internationalen MWW Endterm-Tagung „Digital ist besser? Sammlungsforschung im digitalen Zeitalter“ am 16. und 17. Februar 2023 in Weimar (siehe Programm und Abstracts).

Seit 2013 bündeln das Deutsche Literaturarchiv Marbach, die Klassik Stiftung Weimar und die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel ihre Forschungsaktivitäten im Forschungsverbund MWW – gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Ziel des Verbunds war, zukunftsweisende Impulse in der geistes- und kulturwissenschaftlichen Forschung zu geben und dabei aktuelle Ansätze für digitale Forschungsinfrastrukturen zu entwickeln.

MWW als Experimentier- und Denkraum

Dr. Katharina Günther (Wissenschaftliche Geschäftsführung des Forschungsverbunds MWW)

Dr. Katharina Günther (Wissenschaftliche Geschäftsführung des Forschungsverbunds MWW)

Susanne Marschall (Klassik Stiftung Weimar)

In den vergangenen zehn Jahren hat der Forschungsverbund MWW viel erreicht: „Neben dem beträchtlichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, den die Forschungsprojekte zu den Sammlungen und Beständen der Häuser erarbeitet haben, hat der Verbund gezeigt, auf welche Weise digitale Methoden und Werkzeuge in die Sammlungsforschung innovativ integriert werden können“, fasst Dr. Katharina Günther, Wissenschaftliche Geschäftsführerin des MWW, zusammen und hebt hervor: „MWW diente hier als Experimentier- und Denkraum der digitalen Sammlungsforschung“.

Und dafür ist der MWW bestens geeignet: Ein halbes Jahrtausend deutscher und europäischer Literatur-, Kultur- und Ideengeschichte ist in Marbach, Weimar und Wolfenbüttel vereint. Der Verbund sammelt, bewahrt und erschließt diese materielle Zeugnisse der deutschen literarischen und intellektuellen Tradition – und widmet sich der Transformation des kulturellen Erbes in Deutschland. „Bedeutende Teilbestände, wie etwa das Rilke Archiv in Marbach, die Bibliothek Benedikt Bahnsen in Wolfenbüttel und der Schiller Bestand Weimar sind digital verfügbar und erforschbar“, betont Stefan Alschner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter „Virtueller Sammlungsraum (VSR)“. Und nicht nur das. Der Virtuelle Forschungsraum präsentiert eine Übersicht über die Sammlungen, ermöglicht eine sammlungsübergreifende Suche und eröffnet überdies die Möglichkeit der kollaborativen virtuellen Zusammenarbeit in geschützten projektspezifischen Laboren, um nur einige Features zu nennen.

Museen als Lern-/Erfahrungs- und Erlebnisräume

Dass sich Museen zu Lern-/Erfahrungs- und Erlebnisräumen entwickelt haben, ist digitalen Methoden und Technologien zu verdanken. Die Entwicklung von neuen Technologien beispielsweise im Bereich von 3D-Rekonstruktionen oder Virtual und Augmented Reality Anwendungen eröffnen Museen und kulturellen Einrichtungen zahlreiche neue Möglichkeiten. „Ein Beispiel aus Weimar ist die 3D-Rekonstruktion von Nietzsches Sterbezimmer, ein lange Zeit wichtiger Ort für die Verehrer des Philosophen“, sagt Günther und erläutert: „An dessen Platz befindet sich nach Umgestaltungen im Grundriss in den 1970er-Jahren heute ein Badezimmer“. Anhand von Grundrissen und historischen Fotos ließ sich das Sterbezimmer aber digital rekonstruieren. Die App Weimar+ zeigt Raumvisualisierungen von verschiedenen Zeitabschnitten. Die virtuelle Rekonstruktion von Nietzsches Sterbezimmer wurde in Kooperation mit dem MWW-Projekt Kunst und Memoria erarbeitet. „So können Zeitschichten wieder sichtbar gemacht werden, aber auch gänzlich neue und unerwartete Perspektiven auf die eigenen Bestände geboten werden“, so Günther.

„Zudem gewinnen partizipative Ansätze immer mehr an Bedeutung“, sagt Günther, „So lädt das Projekt „Natur der Dinge“ des deutschen Naturkundemuseums in Berlin Nutzerinnen und Nutzer ein, selbst sammelnd zum Thema des Anthropozäns tätig zu werden. Im internationalen Kontext kann „The Met Unframed“ des Metropolitan Museum of Art genannt werden, das auf beeindruckende Art und Weise Augmented Reality, interaktive Spiele und virtuelle Rundgänge verband. Die digitalen Möglichkeiten scheinen also schier endlos – und die Aufgabe ist es jetzt, diese verantwortungsbewusst und effektiv zum Einsatz zu bringen“.

Auch der MWW-Forschungsverbund wird nach zehn Jahren BMBF-Förderung weiter im Einsatz bleiben, wie Günther betont: „Der Forschungsverbund MWW wird nach dem Ende der zweiten Förderphase im Februar 2024 integriert in die Strukturen und Projekte der Verbundpartner – Deutsches Literaturarchiv Marbach, Klassik Stiftung Weimar und Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel – und verstetigt. Im Mittelpunkt neuer Forschungsvorhaben steht hier die erfolgreich etablierte digitale Infrastruktur, um die sich auch zukünftig neue wissenschaftliche Drittmittelprojekte gruppieren. MWW bleibt so für die Verbundinstitutionen als digitales Kompetenzzentrum erhalten“.

 

Keynote mit Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner (Deutsches Bergbaumuseum Bochum)

Keynote mit Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner (Deutsches Bergbaumuseum Bochum)

Rica Burow (Forschungsverbund MWW)

Keynote mit Prof. Dr. Tobias Blanke (Universität Amsterdam)

Keynote mit Prof. Dr. Tobias Blanke (Universität Amsterdam)

Susanne Marschall (Klassik Stiftung Weimar)

Keynote mit Prof. Dr. Tobias Blanke (Universität Amsterdam)

Keynote mit Prof. Dr. Tobias Blanke (Universität Amsterdam)

Susanne Marschall (Klassik Stiftung Weimar)