Online-Ausstellung „Karten Wissen Meer“ – wie Karten eine Weltsicht prägen

Die virtuelle Ausstellung »Karten Wissen Meer. Globalisierung vom Wasser aus« lässt tief in die Geschichte der Globalisierung blicken: Sie zeigt See- und Meereskarten aus der Sammlung Perthes der Forschungsbibliothek Gotha und der Kartensammlung des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven. Erfahren Sie hier, wie der Transfer von der Forschung zur Ausstellung gelingen kann.

Einblick ins Ausstellungsraum mit alten Landkarten an der der Wand

Sonderausstellung „KARTEN WISSEN MEER"

Frederic Theis


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Im Interview: Dr. Felix Schürmann (Projektleitung und Koordination)

Ihre Ausstellung basiert auf dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt „Karten-Meere. Für eine Geschichte der Globalisierung vom Wasser aus“ (2018–22). Was alles lässt sich aus Karten herauslesen?

Ab der Wende zum 19. Jahrhundert brachte eine neuartige Kartographie der Meere mannigfaltige Facetten von Globalisierung und Globalität zum Vorschein. Die auf Schiffen gebrauchten Seekarten etwa enthielten zunehmend Hinweise auf globale Verkehrsnetze. Übersichtskarten in Geschäftszimmern zeigten den neuen »Weltverkehr« der dampfbetriebenen Linienschifffahrt. Karten in wissenschaftlichen Zeitschriften visualisierten weltumspannende Meeresströmungen und in Romanen oder Atlanten führten Meereskarten globale Bewegungsreichweiten vor Augen – um nur einige Beispiele herauszugreifen.
Bei aller Verschiedenheit dieser Karten verbindet sie, so unser Kernargument, dass sie in ihrer Modellierung von Meeresräumen eine Auffassung von der Welt als eines räumlichen Kontinuums mit hervorbrachten, ausformten und reflektierten. Kurzum: Auf Karten der Meere formte sich die Welt zur Einheit.

Was war die Intention Ihrer Online-Ausstellung? Und welche Erfahrungen haben Sie mit einer ‚forschenden‘ Ausstellung gemacht?

Um die Befunde unserer Forschung einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, haben wir von Beginn an vorgesehen, neben Fachpublikationen und Präsenzausstellungen auch eine virtuelle Ausstellung zu erarbeiten. Dabei ging es auch darum, besondere Funde im Sinne des Open Access-Grundsatzes frei zur Verfügung zu stellen. Eine weitere Idee war die eines forschenden Ausstellens: Die virtuelle Ausstellung sollte nicht am Ende des Projekts abschließende Ergebnisse präsentieren, sondern forschungsbegleitend Befunde aus den laufenden Archivrecherchen aufnehmen – und damit auch auf das Forschen zurückwirken.
Als Plattform haben wir das Portal „Digitale Ausstellungen Gotha“ der Forschungsbibliothek Gotha gewählt. Die Rückmeldungen, die uns seit der virtuellen Ausstellungseröffnung im November 2021 erreicht haben, sind durchgängig positiv; eine Besucher-Evaluation haben wir allerdings noch nicht durchgeführt. Ein Vorteil des virtuellen Formats ist die leichte Erweiterbarkeit, und in den kommenden Wochen werden wir noch einige Objekte aus unseren abschließenden Recherchen ergänzen. Mittelfristig streben wir eine Erweiterung auch der Sprachoptionen an, denn bislang sind die Ausstellungen auf der Plattform allein deutschsprachig betextet.

Worauf ist bei digitalen Formaten besonders zu achten?

Da gibt es so einige Aspekte zu bedenken. Um hier nur einen herauszugreifen: Wir haben viel darüber gesprochen, ob wir die Ausstellung linear oder aber nichtlinear anlegen wollen – also als eine Geschichte, die besucherseitig an vielen Punkten begonnen und in diverse Richtungen verfolgt werden könnte.
Der Komplexität der Vorgänge, um die es uns geht, wäre ein nichtlineares Storytelling wohl angemessen. Doch die Praxisbeispiele, die wir dafür in virtuellen Ausstellungen gefunden haben, schienen uns für unsere Zwecke nicht gut geeignet. Oft gehen die vielen Bedienmöglichkeiten doch stark zulasten von Übersichtlichkeit und Usability.

Unsere Ausstellung bietet nun zwei Navigationswege: Man kann sie entweder linear von der Einstiegssektion „Globalisierung vom Wasser aus“ bis zur abschließenden Klangerzählung „Seekartographie und Polarforschung“ durchgehen, oder aber auf der Übersichtsseite beliebig zwischen Sektionen und Objekten hin- und herwechseln. Wir meinen, damit eine gute Lösung gefunden zu haben, beobachten aber weiterhin neugierig, wie sich die technischen Möglichkeiten entwickeln – gerade in den Bereichen Virtual und Augmented Reality ist ja vieles in Bewegung. Im nächsten Schritt soll aus unserer Ausstellung eine App für mobile Endgeräte hervorgehen, die das von uns Gezeigte noch stärker mit Gegenwartserfahrungen verknüpft.

Zur Ausstellung

BMBF-Verbundprojekt „Karten-Meere. Für eine Geschichte der Globalisierung vom Wasser aus“

Wissenschaftliche Leitung der virtuellen Ausstellung »Karten Wissen Meer. Globalisierung vom Wasser aus«:

Prof. Dr. Ruth Schilling

Prof. Dr. Ruth Schilling, Professorin für Kommunikation museumsbezogener Wissenschaftsgeschichte, Universität Bremen und seit Februar 2022 Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte.


Prof. Dr. Iris Schröder

Universität Erfurt

Prof. Dr. Iris Schröder, Direktorin des Forschungskollegs Transkulturelle Studien / Sammlung Perthes und Professur für Globalgeschichte am Historischen Seminar, Universität Erfurt (Sprecherin des Forschungsverbunds)


Dr. Felix Schürmann

privat

Dr. Felix Schürmann, Projektleiter und Koordinator des Forschungsverbunds, Forschungskolleg Transkulturelle Studien / Sammlung Perthes der Universität Erfurt


Prof. Dr. Wolfgang Struck, Professur für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, Universität Erfurt


Dr. Petra Weigel, Forschungsbibliothek Gotha/Sammlung Perthes (Praxispartnerin)

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