Die Förderrichtlinie „Vernetzen – Erschließen – Forschen. Allianz für Hochschulsammlungen II“ des Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) zielt darauf ab, Nutzung, Sichtbarkeit und Vernetzung dieser Sammlungen zu stärken – durch gezielte Forschungsvorhaben zu ausgewählten Beständen, deren Erschließung, Digitalisierung und Konservierung sowie durch neue Lehrformate und Praxisbeispiele.
Nach etwa zwei Jahren Förderzeit kamen im September 2025 erstmals alle sechs in diesem Rahmen geförderten Verbundprojekte und das Begleitvorhaben und Praxispartner zu einer Statustagung beim DLR Projektträger in Bonn zusammen. Ziel war es, den aktuellen Stand und zentrale Herausforderungen zu diskutieren, Transferformate vorzustellen und den Austausch sowie die Zusammenarbeit über digitale Formate hinaus zu vertiefen.
Unterschiedliche Ansätze, ähnliche Hürden
Von Sammlungen menschlicher Überreste (human remains) über botanische Herbarbestände bis hin zu Künstler- und Techniksammlungen reicht das Spektrum der Projekte.
Während der zweitägigen Veranstaltungen wurden die Projekte in Panels präsentiert, die inhaltlich und methodisch aufeinander abgestimmt waren.
AESOH, ein Projekt, bei dem human remains im Fokus stehen, macht sichtbar, wie wichtig Perspektivenvielfalt ist, um ethische Fragen zu klären und einen verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Materialien zu ermöglichen. Herrnhut verdeutlicht, wie pflanzliche Sammlungsbestände in einem kultur- und naturhistorischen Spannungsfeld eingebunden sind. Eine ähnliche Schnittstelle offenbart sich bei DramA und KOSTIMA, die Kunst- und Musiksammlungen in den Blick nehmen – und ihre gesellschaftliche, politische Wirkmacht sichtbar machen. Bei 3ios steht die technikhistorische DDR-Medizingeräte-Sammlung im Fokus und KUPFER widmet sich der Lehrmittelsammlung der Kunstgewerbeschule Pforzheim mit Bezügen zur Edelmetall- und Schmuckindustrie.
Ob Theatergeschichte, Musiksoziologie oder Technikgeschichte: Jede Sammlung wirft Fragen zu Genese, Form, Kontext und Wirkung von Kultur- und Wissenschaftsproduktion. Nur durch die enge Verzahnung der Wissenschaften lassen sich diese Bestände wirklich verstehen und kontextualisieren.
Trotz der stark divergierenden Projekte bestehen gemeinsame Herausforderungen: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert klare Fachterminologie, abgestimmte Methoden und robuste Governance-Strukturen. Die Frage der Zugänglichkeit – physisch wie digital – muss mit Fragen der Provenienz, Ethik und kultureller Verantwortung verknüpft werden. Und schließlich gilt es, nachhaltige Nutzungsstrategien zu entwickeln: Welche Bestände bleiben sichtbar? Welche werden dauerhaft in Datenbanken verfügbar gemacht? Wie gelingt der Transfer von Erkenntnissen in Lehre, Forschung und Öffentlichkeit?
Digitalisierung als Schlüssel
Ein zentrales Thema war zudem die Digitalisierung. Sie gilt als unverzichtbares Werkzeug, um Bestände zugänglich zu machen, langzeitarchivfähig zu halten und globale Sichtbarkeit zu ermöglichen. Dabei reichen die Anforderungen von differenzierter Ton- und Bilddigitalisierung bis hin zu Metadatenstandards, Urheberrechten und fairen Nutzungsmodellen.
Jede Lösung muss fein auf den jeweiligen Objektkontext abgestimmt sein. Denn musikalische Tonträger beispielsweise erfordern andere Digitalisierungsstrategien als herbare Pflanzensammlungen.
Lebendige Infrastrukturen mit Transferpotenzial
Die Transferpotenziale der Sammlungen erstrecken sich von fachspezifischen Erkenntnissen bis hin zu breiten public-facing Formaten, die Bürgerinnen und Bürger direkt einbeziehen.
Das Begleitvorhaben spielt hier eine koordinierende Rolle und sorgt dafür, dass Ergebnisse über die Projektlaufzeit hinaus nutzbar bleiben – etwa durch Standards, Best-Practice-Formate und Transfer in die Museums- und Hochschullandschaft.
Die Statustagung hat deutlich bestätigt: Hochschulsammlungen sind weit mehr als bloße Depotstätten historischer Objekte. Sie bilden eine essenzielle Infrastruktur für Forschung, Lehre und Wissenstransfer. Ihre thematische und institutionelle Vielfalt erfordert kooperative Modelle, die über einzelne Einrichtungen hinausreichen und Netzwerke schaffen: zwischen Museen, universitären Lehrstühlen und externen Partnern – lokal wie überregional. Denn offen zugängliche und gut dokumentierte Sammlungsbestände schaffen die Grundlage für wirkungsvollen Wissenstransfer. Sie ermöglichen nicht nur Bildung und Lehre, sondern auch innovative Ausstellungen und Vermittlungsformate, die komplexe Inhalte anschaulich und öffentlichkeitswirksam vermitteln.
Ausführlicher Bericht zur Statustagung Allianz II im September 2025