Zwischen Politisierung und Prävention. Herausforderungen für die Antisemitismusforschung

Die Tagung setzt sich mit aktuellen Problemfeldern und Themen der Antisemitismusforschung auseinander und strebt einen kritischen, selbstreflexiven Blick auf diese an. Neben grundsätzlichen Fragestellungen wird zudem ein Blick auf die Entwicklung des Antisemitismus, der Antisemitismusforschung und -bekämpfung in Deutschland, Österreich und der Schweiz gelegt werden.

Eine Kooperation der Arbeitsgruppe Antisemitismusforschung am Institut für Kulturwissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit dem Zentrum für Jüdische Studien der Universität Basel und dem Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin

Zwischen Politisierung und Prävention. Herausforderungen für die Antisemitismusforschung

Seit Jahren ist eine beständige Zunahme des Antisemitismus in all seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen in Europa und weltweit festzustellen. Der Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 und die darauf folgenden Kriege in Gaza, im Libanon und darüber hinaus beschleunigten diese Zunahme auch in verschiedenen europäischen Gesellschaften massiv. Eine Antwort darauf sind verstärkte staatliche und wissenschaftliche Bemühungen der Erhebung und Erforschung des gegenwärtigen Antisemitismus. Dem modernen oder „neuen“ Antisemitismus begegnen vielfältige Gegenkräfte an der Schnittstelle von Wissenschaft, internationaler und nationaler Politik sowie politischem und kulturellem Aktivismus. Politische Vertreter:innen und Betroffene in Europa fordern auch viel aktiver eine wirksame Prävention gegen Antisemitismus ein. Dadurch wirken vielfältige Überlappungen von Antisemitismusdebatten mit bildungs-, erinnerungs- und identitätspolitischen Debatten auf die Antisemitismusforschung ein und machen diese abseits theoretischer und methodischer Fragestellungen zu einem komplexen Wissenschaftsfeld, in dem in den letzten Jahren zudem konfligierende Grundsatzpositionen den akademischen Austausch erschweren. Ausgehend davon setzt sich die Tagung „Zwischen Politisierung und Prävention. Herausforderungen für die Antisemitismusforschung“ mit aktuellen Problemfeldern und Themen der Antisemitismusforschung auseinander und strebt einen kritischen, selbstreflexiven Blick auf diese an. Neben den skizzierten grundsätzlichen Fragestellungen wird zudem ein Blick auf die Entwicklung des Antisemitismus, der Antisemitismusforschung und -bekämpfung in Deutschland, Österreich und der Schweiz gelegt werden.

Programm

MONTAG, 1. DEZEMBER, THEATERSAAL

09.00–09.30 Eröffnung

Heinz Faßmann / Präsident der ÖAW
Einführung / Gerald Lamprecht / IKW ÖAW/Wien – Universität Graz

09.30–11.00 PANEL 1 / Begriffsbestimmungen – Definitionen
Moderation: Erik Petry / Zentrum für Jüdische Studien/Basel

Peter Ullrich / Zentrum für Antisemitismusforschung/Berlin
Probleme der Begriffsbildung und Definition von Antisemitismus

Klaus Holz / Evangelische Akademien in Deutschland/Berlin
Das unglückliche Bewusstsein der Antisemitismuskritik

Kommentar: Ljiljana Radonić / IKW ÖAW/Wien

11.00–11.30 KAFFEEPAUSE

11.30–13.00 PANEL 2 / Erhebung und Monitoring von Antisemitismus
Moderation: Gerald Lamprecht / IKW ÖAW/Wien – Universität Graz

Dirk Baier / Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Antisemitismus in der Schweiz. Befunde verschiedener Befragungsstudien

Oliver Decker / Universität Leipzig/Sigmund-Freud-Universität-Berlin
Israelbezogener Antisemitismus als Brückenideologie

Eva Zeglovits / IFES Wien
Die Antisemitismusstudien des Österreichischen Parlaments 2018–2024 – Erhebungsinstrumente und Erhebungsmethoden

13.00–14.30 MITTAGSPAUSE

14.30–16.00 PANEL 3 /Antisemitismus in der Schweiz, Deutschland und Österreich
Moderation: Helga Embacher / Universität Salzburg

Ljiljana Radonić / IKW ÖAW/Wien
Antisemitismusbekämpfung in Österreich 2000-2025: Von Marginalisierung zur Staatsräson

Jonathan Kreutner / Schweizer Israelitischer Gemeindebund Zürich
Der „7. Oktober“ und die Antisemitismuswelle in der Schweiz – Erklärungsmuster einer Zäsur

Armin Lange / Universität Wien
Nach der Erklärung Nostra Aetate: Kreuzwegstationen und Antisemitismus in Österreich

16.00–16.30 KAFFEEPAUSE

16.30–17.30 PANEL 4 / Antisemitismus in der Schweiz, Deutschland und Österreich
Moderation: Johannes Feichtinger / IKW ÖAW/Wien
Helga Embacher / Universität Salzburg

Pro-israel“, „pro-jüdisch“ und extrem rechts: Die FPÖ, Israel und Antisemitismus in einem globalen Kontext

Uffa Jensen / Zentrum für Antisemitismusforschung/Berlin
Taktik von oben - Druck von unten: Die Rolle von Pro-Zionismus und Antisemitismus in der AfD

17.30–18.30 KAFFEEPAUSE

18.30–20.00 Podiumsdiskussion: Antisemitismusforschung in Zeiten der Polarisierung
Moderation: Alfred Bodenheimer / Zentrum für Jüdische Studien/Basel

Podium
Erik Petry / Zentrum für Jüdische Studien/Basel
Stefanie Schüler-Springorum / Zentrum für Antisemitismusforschung/Berlin
Doron Rabinovici / Wien

DIENSTAG, 2. DEZEMBER, THEATERSAAL

09.30–11.00 PANEL 5 / Prävention und antisemitismuskritische Bildungsarbeit
Moderation: Alfred Bodenheimer / Zentrum für Jüdische Studien/Basel

János Varga / Fritz Bauer Institut/Frankfurt am Main
Zum Verhältnis von Antisemitismusforschung und Bildungsarbeit 1949 bis 1990

Monika Hübscher / Universität Duisburg-Essen & Sophie Schmalenberger / Universität Duisburg-Essen
Einüben, Widerstand zu leisten: Ein Online-Spiel zur Erkennung von Antisemitismus und zur Navigation sozialer Medien

Tom Khaled Würdemann / Hochschule für jüdische Studien Heidelberg
Frieden für Israel und Palästina: Ein nahostwissenschaftlich begründeter, ideologiekritischer Ansatz zur antisemitismuskritischen Bildungsarbeit mit muslimischen Menschen

11.00–11.30 KAFFEE PAUSE

11.30–13.00 PANEL 6 / Prävention und antisemitismuskritische Bildungsarbeit
Moderation: Werner Dreier / Bregenz

Philip Bessermann / Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus/Zürich
Antisemitismusprävention und -bekämpfung im Föderalismus: Hindernisse und Learnings aus der Schweiz

Julia Bernstein / Frankfurt University of Applied Sciences/Frankfurt am Main
Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus: Empirische Forschungserkenntnisse für Intervention und Prävention

Victoria Kumar / OeAD Programm ERINNERN:AT/Bregenz
Prävention von Antisemitismus durch Bildung – Stellschrauben im österreichischen Bildungssystem

13.00–14.30 MITTAGSPAUSE

14.30–16.30 PANEL 7 / Instrumentalisieren – Vereinnahmen – Abwehren
Antisemitische Narrative in der Erinnerungskultur als Herausforderung für Antisemitismusforschung
Moderation: Gerald Lamprecht / IKW ÖAW/Wien – Universität Graz

Elias Berner / IKW ÖAW/Wien
Der Holocaust im österreichischen Rundfunk vor 1986

Kathrin Knapp / Zentrum für Jüdische Studien/Basel
„Exempel“, „Eigenheit“ und koschere Zimtschnecken – Rezeption zeitgenössischer jüdischer Literatur in der Schweiz

Dieter J. Hecht / IKW ÖAW/Wien
Freundschaft im Schatten des Antisemitismus in der Nachkriegszeit

Lea Fink / IKW ÖAW/Wien
Instrumentalisierungen von Überlebenden nationalsozialistischer Konzentrationslager

19:00 CONFERENCE DINNER

MITTWOCH, 3. DEZEMBER, SEMINARRAUM

10.30–11.00 PANEL 8 / Postkolonialismus und Antisemitismus
Moderation: Uffa Jensen / Zentrum für Antisemitismusforschung/Berlin

Felix Axster / Zentrum für Antisemitismusforschung/Berlin
Postkoloniale Kritik und Antisemitismuskritik – Schnittmengen und Dissonanzen

Stefan Vogt / Goethe Universität Frankfurt
Alte Freunde: Antisemitismus und kolonialer Rassismus in Geschichte und Gegenwart

Alexandra Preitschopf / Universität Klagenfurt
Diskursive Tradierung und moralische Selbstvergewisserung? Analytische Herausforderungen im Umgang mit israelbezogenem
Antisemitismus

11.00–12.00 Abschlussdiskussion