MIND prevention führt das Verbundprojekt „Dis Ident“ an

Das vom BMFTR geförderte Forschungsteam untersucht, wie digitale Desinformation und psychologische Mechanismen islamistische Radikalisierung vom Smartphone-Feed bis zum Klassenzimmer antreiben.

Logo Dis_Ident

Alexander Güngör/Alexgun Designbureau

Ein neues, bundesweit einzigartiges Konsortium erforscht, welche Faktoren dazu beitragen, dass Jugendliche in Deutschland anfällig für israelbezogenen Antisemitismus und islamistische Ideologien werden – und entwickelt daraus Analysen, wirksame digitale Alternative- und Counter-Narratives und praxistaugliche Präventionskonzepte für Schule, Jugend- und Medienarbeit.

Die Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention (MIND prevention) koordiniert das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Forschungsprojekt „Dis_Ident – Desinformation und Identitätskonstruktion in der demokratischen Gesellschaft“. Analoge wie digitale Radikalisierungsprozesse und die Zunahme des Antisemitismus unter Jugendlichen nach dem 7. Oktober 2023“. Sechs Teilprojekte untersuchen gemeinsam bis Ende 2028,

  • welche Prädiktoren - von Identitätsdiffusion über Diskriminierung bis Mediennutzung - Jugendliche anfällig für islamistische Ideologien und israelbezogenen Antisemitismus machen,
  • wie Desinformation sich digital verbreitet und Identitäten formt, und
  • welche analogen Workshop-Elemente und Lehrkräfte-Fortbildungen tatsächlich Haltungen verändern.

Warum Dis_Ident jetzt?

Seit dem 7. Oktober 2023 haben sich antisemitische Narrative auf Social Media deutlich verstärkt; Schulen berichten von zunehmender Polarisierung bis in den Unterricht hinein. „Dis_Ident“ verknüpft computergestützte Desinformations-Analyse mit pädagogischer, kommunikationswissenschaftlicher und (sozial-)psychologischer Forschung, um früh an den Hebeln Identität, Emotion und Peer-Dynamik anzusetzen. Somit reagiert „Dis_Ident“ nicht nur auf aktuelle Eskalationen, sondern versteht diese als Ausdruck tieferliegender gesellschaftlicher Dynamiken, die das Projekt langfristig und systematisch adressiert.

Schule als Multiplikator

Auf Basis einer bundesweiten Bedarfsanalyse entwickelt das Kölner Team gemeinsam mit MIND prevention Fortbildungen, damit Lehrkräfte antisemitische und islamistische Erzählungen früh entgegenwirken und souverän thematisieren. Bereits heute bietet MIND prevention über 200 zertifizierte Trainings, die nun wissenschaftlich geschärft und bundesweit verfügbar werden. „Wir vereinen Datenanalyse und Dialog: Indem wir die psychologischen Stellschrauben hinter Hassbotschaften sichtbar machen – von falschen Narrativen im Smartphone-Feed bis zur Emotion im Klassenzimmer – verwandeln wir Prävention von einer Bauchgefühl-Übung in eine evidenzbasierte Praxis, die Lehrkräfte und Jugendliche gleichermaßen stärkt. “, betont Beatrice Mansour, Leiterin des Forschungskonsortiums „Dis_Ident“, Gründerin und Geschäftsführerin von MIND prevention.

Ausblick

„Dis_Ident“ liefert künftig

  • empirisch fundierte Risiko-Indikatoren für islamistische Radikalisierung,
  • ein datenbasiertes Dashboard zur Analyse antisemitischer und radikalisierender Inhalte,
  • evidenzbasierte Gegenstrategien zur Radikalisierung für Social Media sowie
  • modularisierte Workshop- und Fortbildungspakete für schulische und außerschulische Bildung.

Damit entsteht ein übertragbares Instrumentarium, mit dem Bildungseinrichtungen und Jugendarbeit Antisemitismus und Radikalisierung präventiv-wirksam begegnen können.

Autorin: Beatrice Mansour

„Dis_Ident“-Forschungsschwerpunkte im Überblick

Teilprojekt Institution & Leitung Kernfrage

Vorgehen / Besonderheit

1 Ludwig-Maximilians-Universität München:
Prof. Diana Rieger &
PD Claudia Riesmeyer
Wie zirkuliert antisemitische Desinformation in Insta, TikTok, YouTube – und wie befeuert sie Identitätskrisen?

KI-gestützte Monitoring-Datenbank, Sentiment- & Netzwerk-Analysen, Schüler-Interviews, Online-Experimente

2 Universitätsklinikum Heidelberg:
Prof. Svenja Taubner
Welche individuellen, familiären und schulischen Risikofaktoren treiben Radikalisierung? Mixed-Method-Design: quantitative Befragungen+Fokusgruppen zu Autoritarismus, Diskriminierung, Akkulturationsstress & Resilienz
3 Universität zu Köln:
Prof. Gudrun Hentges
Wo liegen blinde Flecken in Curricula und Schulbüchern zu Antisemitismus & Islamismus? Lehrplan- und Materialanalyse, Interviews, Gruppendiskussionen
4 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg:
Prof. Mark Stemmler & Ludwig-Maximilians Universität München:
Prof. Friederike Funk
Welche mentalen und Sozialkognitiven Hebel – von Mentalisierung über soziale Kategorisierung bis zur Gerechtigkeitswahrnehmung entfalten in den MIND-Workshops ihre Wirkung, um Vorurteile zu knacken und Radikalisierungspfade auszubremsen? Evaluation sozial-kognitiver Mechanismen per Fragebögen, Interviews, Netzwerkanalysen
5 Universität zu Köln & MIND prevention Wie sehen Gegenstrategien im Digital- und Präsenzformat aus? Entwicklung von Social-Media-Counter-Narratives, Weiterentwicklung der Workshops & modulare Lehrkräfte-Fortbildungen
6 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg:
Prof. Mark Stemmler
Wie nachhaltig sind alle Präventionsbaust eine zusammen? Längsschnitt-Evaluation, Wirk- & Transfer-Analysen


 

Über MIND prevention gGmbH

Die MIND prevention – Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention gGmbH (gegründet 2017, Sitz Berlin) entwickelt und erforscht wirksame Ansätze gegen islamistische Radikalisierung, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Herzstück ist ein theaterpädagogischdialogischer Methodenkoffer, der in Workshops wie ReThink, Reflect und ReStart jährlich mehrere tausend Jugendliche erreicht. Dabei treffen realitätsnahe Rollenspiele auf wissenschaftlich fundierte Techniken zur Förderung von Mentalisierung, Perspektivwechsel und kritischem Denken – evaluiert u. a. durch Studien von Stemmler & Hess (2024). MIND prevention arbeitet bundesweit mit Schulen, Jugendeinrichtungen und Justizvollzugsanstalten zusammen, hat bislang über 220 Lehrkräftefortbildungen durchgeführt und versteht kulturelle Sensibilität sowie peer-basierte Dialogformate als Schlüssel zu nachhaltiger Prävention. Weitere Informationen, Projektdaten und Pressematerial finden Sie unter www.mind-prevention.com.