Disruptionen in Geschichte und Gegenwart – Gelegenheiten oder Gegebenheiten in Prozessen gesellschaftlicher Transformation?

26.03.2026 - 27.03.2026, Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestraße 111, 10115 Berlin

Der Begriff der Disruption erzeugt in öffentlichen wie wissenschaftlichen Debatten seit den 2000er Jahren eine steigende Resonanz. Im Kern geht es dabei um Unsicherheit, Überraschung und schnelle oder abrupte Veränderungen.

Bei genauerer Betrachtung treten aber auch Widersprüche in der Begriffsnutzung hervor, beispielsweise wird Disruption in jüngerer Zeit meist als bedrohlich und krisenhaft gerahmt, allerdings mitunter auch als erstrebenswert begrüßt. Beides führt dazu, dass Disruptionen in der Gegenwart vermehrt politisiert werden, etwa um mit der antizipierten Unausweichlichkeit von Brüchen die Gesellschaft in die gewünschte Richtung zu verändern.

Ziel der Konferenz ist ein intellektueller Austausch über den Begriff der Disruption und dessen analytischem Mehrwert, insbesondere in interdisziplinärer Perspektive. Wo führt der Begriff weiter als bereits etablierte Begriffe (wie etwa Transformation), wo stößt er jedoch an Grenzen und wie gehen wir in Gesellschaft und Wissenschaft mit der Ambiguität des Begriffs um?

Wir möchten Beitragende zur Auseinandersetzung mit insbesondere folgenden Themen und Fragestellungen einladen:
- Bestimmung und Differenzierung des Disruptionsbegriffs im Vergleich zu oder Abgrenzung von verwandten Konzepten wie Krise oder Umbruch in inter- und transdisziplinären Forschungszusammenhängen
- Raum-zeitliche Dynamiken in Geschichte und/oder Gegenwart im Spannungsfeld zwischen Ereignis und Prozess, Erfahrungen aus der Vergangenheit und Erwartungen an die Zukunft
- Spezifische Gelegenheiten und widerständige Aktionen im praktischen Handeln und sich wandelnde Akteurs- und Machtkonstellationen in disruptiven Momenten
- Wechselspiel zwischen innovativen Öffnungen, konservativer Bewahrung und reaktionärem Rückschritt
- Methodologische Herausforderungen bei der empirischen Untersuchung von Disruptionen
- Möglichkeiten und Grenzen in der Politik- und Gesellschaftsberatung und der Wissenschaftskommunikation

Vorschläge für konzeptionelle und empirisch-inhaltliche Beiträge mit historischem Bezug oder zu aktuellen Fragen der Gegenwart senden Sie bitte in Form eines Abstracts (max. 300 Wörter) nebst einem Kurz-CV (max. 100 Wörter) bis 30.10.2025 an disruptionstagung@leibniz-irs.de. Wir informieren Sie bis 20.12.2025 über die Annahme der Beiträge.

Auf der Konferenz sollen unterschiedliche Perspektiven auf Disruptionen gezielt zusammengeführt und zudem eine programmatische Synthese dieses Wissens entwickelt werden. Die Ergebnisse dieser Wissenssynthese werden anschließend zu einem Sachbuchkapitel aufbereitet, um einem nicht-akademischen Publikum die Rolle des disruptiven Wandels für die Art der gegenwärtigen Transformationsdebatten in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft aufzuzeigen.

Die Konferenz wird begleitet von Keynote-Vorträgen von Dr. Sarah Stanske (Leuphana Universität Lüneburg) und Dr. Marcus Böick (University of Cambridge).

Die Konferenz ist eine Veranstaltung des Leibniz-Labs „Umbrüche und Transformationen“ organisiert vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung und Leibniz-Institut für Länderkunde. Organisationsteam: Dr. Harald Engler (IRS), Dr. Rita Gudermann (IRS), Prof. Dr. Oliver Ibert (IRS), Dr. Jörn Knobloch (IfL), Dr. Madlen Pilz (IRS) und Dr. Tilmann Siebeneichner (ZZF). Bei Fragen können Sie sich gern an uns wenden.