DDR-Forschung: Neue Förderrichtlinie des BMFTR widmet sich dem Aufbau von DDR-bezogenen Forschungsschwerpunkten an Hochschulen

Auch 35 Jahre nach dem Fall der Mauer bleibt die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit und der SED-Diktatur für viele Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung.

Straßenschild "Platz der deutschen Einheit"

Adobe Stock / Joerg Sabel

Die Beschäftigung mit der DDR-Geschichte berührt Fragen der Gerechtigkeit angesichts vergangenen Unrechts, der Anerkennung und Würdigung individueller Identitäten und biographischer Erfahrungshorizonte sowie des gesellschaftlichen Selbstverständnisses in der heutigen Bundesrepublik. Das macht die Geschichte der DDR zu einem sensiblen, vielfach auch emotional aufgeladenen Thema, das vielfältige Perspektiven hervorruft. Diese Vielschichtigkeit macht die DDR-Geschichte bis in die Gegenwart gesellschaftlich hochrelevant und zum Gegenstand eines anhaltenden wissenschaftlichen Interesses. Die interdisziplinäre DDR-Forschung bildet daher einen Schwerpunkt im Rahmenprogramm des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) für die Geistes- und Sozialwissenschaften, in dem durch vielfältige inhaltliche und methodische Zugänge ein umfassender Beitrag zur Analyse und Interpretation des komplexen gesellschaftlichen Erbes der DDR geleistet wird.

Das BMFTR trägt der anhaltend hohen Relevanz des Themas und dem weiterhin hohen Bedarf an wissenschaftlicher Aufarbeitung der DDR-Geschichte mit einer neuen Förderrichtlinie Rechnung, für die nun Anträge eingereicht werden können.

Anlässlich des Jahrestags des Volksaufstands von 1953 äußerte sich Bundesforschungsministerin Dorothee Bär am 17. Juni 2025 zur historischen Bedeutung und den aktuellen Herausforderungen in der DDR-Forschung:

„Deutschland ist in Zeiten globaler Polarisierung ein Hort der Wissenschaftsfreiheit, diese ist für uns unverhandelbar und das Fundament für Fortschritt. Heute erinnern wir uns an die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstands in der DDR am 17. Juni 1953. Dies ist für uns nicht nur Anlass, der Opfer des SED-Unrechts zu gedenken, sondern auch Mahnung zum Schutz unserer Demokratie. Die DDR-Forschung liefert uns hier wichtige Erkenntnisse für die Gegenwart, denn die Geschichte der DDR sowie der Wende- und Transformationszeit zu verstehen, schärft unser Selbstverständnis als freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften leisten essentielle Beiträge zur Stärkung der Resilienz unserer Demokratie. Mit der neuen Förderinitiative stellen wir die wissenschaftliche Aufarbeitung der DDR nachhaltig auf eine stabile Grundlage.“

Bundesforschungsministerin Dorothee Bär

Die neue Förderrichtlinie ermöglicht den Aufbau DDR-bezogener Forschungsschwerpunkte an deutschen Hochschulen. Der Bund setzt mit dieser Maßnahme einen gezielten Strukturimpuls, um die wissenschaftliche Aufarbeitung der DDR dauerhaft und sichtbar zu stärken und nachhaltig an deutschen Hochschulen zu verankern. Durch eine bis zu fünfjährige Anschubfinanzierung für Forschungsprofessuren und Nachwuchsgruppen erhalten Hochschulen die Möglichkeit, eigenständige, auf Nachhaltigkeit angelegte Forschungsschwerpunkte zu DDR-bezogenen Themen aufzubauen. Dabei wird von den geförderten Hochschulen erwartet, die aufgebauten Strukturen auch nach Auslaufen der BMFTR-Förderung fortzuführen. Ziel ist es, auf diesem Wege die DDR-Forschung an Hochschulen auf mittlere und lange Sicht noch breiter zu etablieren. Die geförderten Projekte sollen die DDR-Forschung an den jeweiligen Hochschulen dauerhaft und anschlussfähig stärken, interdisziplinär vernetzt arbeiten und in der nationalen sowie internationalen Forschungslandschaft sichtbar sein.

Der Wissenschaftskommunikation und der Zusammenarbeit mit Praxispartnern wird in der neuen Förderinitiative besondere Bedeutung beigemessen: Beide sind grundlegend, um den Transfer der Forschungsergebnisse in die Gesellschaft zu fördern und zu einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte und ihren Nachwirkungen beizutragen. Wie in der aktuell noch laufenden DDR-bezogenen Förderrichtlinie von 2017 liegt der inhaltliche Fokus auch in der neuen Förderinitiative des BMFTR auf der historischen und interdisziplinären Untersuchung von Gesellschaft und Staat in der DDR sowie der Wendezeit. Dabei werden auch vergleichende Forschungen zu totalitären und repressiven Systemen, einschließlich europäischer und internationaler Perspektiven, ausdrücklich begrüßt, um  Charakteristika und Nachwirkungen sozialistischer und kommunistischer Regime sichtbar zu machen.

Projektskizzen können bis zum 8. Dezember 2025 eingereicht werden. Nach externer Begutachtung sollen die Forschungsschwerpunkte voraussichtlich ab Herbst 2026 starten.

Aufbauen auf Bestehendem: Die Basis für die neue DDR-Förderrichtlinie

Bereits seit 2017 leistet das BMFTR durch die „Richtlinie zur Förderung von Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der DDR-Forschung“ einen substantiellen Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Befassung mit DDR-Geschichte und Wendezeit. Insgesamt konnten damit zunächst 14 Verbundvorhaben realisiert werden. Nach einer wissenschaftlichen Begutachtung werden sieben von ihnen derzeit noch bis Ende 2025 in einer zweiten Förderphase fortgeführt. Bis dahin wird das BMFTR nahezu 50 Mio. Euro in die Stärkung der DDR-bezogenen Forschung investiert haben.

Die Förderrichtlinie von 2017 hat dazu beigetragen, eine dynamische Forschungslandschaft für DDR-bezogene Thematiken aufzubauen. Ziel der neuen Förderrichtlinie ist es nun, das Forschungsfeld auf dieser Grundlage weiterzuentwickeln und die DDR-Forschung durch den Aufbau eigener Forschungsschwerpunkte an deutschen Hochschulen nachhaltig strukturell zu stärken.